Hintergründe
Als Grundeigentümer sieht man sich früher oder später mit der Frage konfrontiert, was mit der Liegenschaft in Zukunft geschehen soll. Gründe hierfür gibt es unzählige. Sei es, weil man die eigene Liegenschaft in Familienbesitz halten möchte und auf das Alter hin ohnehin mit einer kleineren Eigentumswohnung liebäugelt und/oder die Kinder das grosse Haus besser nutzen könnten. Auch Überlegungen im Bereich der Ergänzungsleistungen können eine Rolle spielen. Viele fürchten unter anderem die unfreiwillige Veräusserung der Liegenschaft zur Finanzierung der Pflegeheimkosten. Insbesondere im Rahmen der Liegenschaftsübertragung sollten zur Wahrung des Familienfriedens gewisse Regelungen bereits im Vorfeld getroffen werden.
möglichkeiten und Folgen
A. Verkauf zum Verkehrswert
Die Liegenschaft kann wie an einen Dritten auch an einen Nachkommen zum gegenwärtigen Verkehrswert verkauft werden. Dadurch sichert sich der Veräusserer die Vermögenssubstanz, sodass gegenüber den Geschwistern bzw. Miterben keine erbrechtliche Ausgleichungspflicht entsteht. Der Verkauf löst insbesondere die Grundstückgewinnsteuer aus. Diese fällt beim Veräusserer und nicht beim kaufenden Nachkommen an. Die Grundstückgewinnsteuer wird somit nicht aufgeschoben, wie dies bspw. bei der Schenkung und der gemischten Schenkung der Fall ist.
B. Schenkung / Erbvorbezug
Mit der Schenkung bzw. einem Erbvorbezug wird die Liegenschaft unentgeltlich an einen Nachkommen übertragen. Das Vermögenssubstrat des Schenkers wird dadurch erheblich verringert, weshalb der Beschenkte der Ausgleichungspflicht gegenüber seinen Geschwistern bzw. Miterben unterliegt. Dahinter steckt der Gedanke, dass sämtliche Nachkommen gleich zu behandeln sind. Für die Ausgleichungspflicht ist der Zeitpunkt der Schenkung unerheblich, diese verjährt nicht. Ist das verbleibende Vermögenssubstrat für den künftigen Lebensunterhalt des Schenkers nicht ausreichend und werden deshalb Ergänzungsleistungen beantragt, so könnten diese infolge eines freiwilligen Vermögensverzichts gekürzt oder sogar verwehrt werden. Allenfalls wird unter dem Titel Verwandtenunterstützung sogar auf die Nachkommen zurückgegriffen. Sodann wird in aller Regel die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben und erst fällig, wenn der übernehmende Nachkomme die Liegenschaft verkauft. Die aufgeschobene Grundstückgewinnsteuer sollte beim Anrechnungswert berücksichtigt werden. Schenkungs- oder Erbschaftssteuern fallen bei der Übertragung an einen direkten Nachkommen in den Kantonen St.Gallen, Thurgau sowie Zürich keine an.
C. Gemischte Schenkung
Das Merkmal der gemischten Schenkung liegt darin, dass der Übernehmer eine Gegenleistung erbringt, die unter dem Verkehrswert der Liegenschaft liegt.
So etwa, wenn der Nachkomme als Ausgleich lediglich eine bestehende Hypothekenschuld übernimmt. Im Kanton St.Gallen und Zürich kann die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben werden, wenn die vereinbarte Gegenleistung mindestens 25% unter dem Verkehrs- bzw. Ertragswert liegt. Im Kanton Thurgau ist dies der Fall, wenn der Übernahmewert unter dem Steuerwert des Grundstücks liegt.
D. Vorbehaltsnutzungen
Schenkung, Erbvorbezug und gemischte Schenkungen können mit einer (lebenslangen) Nutzniessung oder einem Wohnrecht kombiniert werden. Dadurch kann der Veräusserer die Liegenschaft weiterhin nutzen. Die Vorbehaltsnutzungen entsprechen einem Kapitalwert, welcher beim Anrechnungswert zu berücksichtigen ist. Dadurch kann der Übernahmebetrag für den Käufer gesenkt werden.
a. Nutzniessung
Der Nutzniesser kann mit Ausnahme eines Verkaufs fast unbeschränkt über die Liegenschaft verfügen. Im Gegenzug trägt er sämtliche Kosten, Steuern und Gebühren. Im Falle von Ergänzungsleistungen werden dem Nutzniesser mögliche Erträge, bspw. (hypothetische) Mieteinnahmen als Einkommen angerechnet, was zu einer Kürzung der Ergänzungsleistungen führen kann. Die lebenslängliche Nutzniessung erlischt mit dem Tod.
b. Wohnrecht
Der Inhaber eines Wohnrechts darf die Liegenschaft selbst bewohnen aber nicht vermieten oder verkaufen. Die Kosten, Steuern und Gebühren trägt in der Regel der Eigentümer. Das lebenslängliche Wohnrecht erlischt mit der freiwilligen Aufgabe oder dem Tod.
E. Welche Art der Übertragung ist die Richtige?
Welche Art der Liegenschaftsübertragung zu wählen ist, hängt häufig von den finanziellen Möglichkeiten der Parteien ab. Verfügen die Eltern über genügend Mittel um zwischen den Geschwistern einen Ausgleich zu schaffen? Verfügt der übernehmende Nachkomme über genügend Mittel um die Tragbarkeit der Liegenschaft zu gewährleisten? Gerne beraten wir Sie bei diesen Fragen um die für Ihre Verhältnisse und Wünsche optimale Lösung zu finden.
Vorkehrungen
A. Erbrechtliche Vorkehrungen
Die Übertragung der Liegenschaft auf einen Nachkommen ist in erster Linie erbrechtlich zu regeln. Es empfiehlt sich, dass der Veräusserer mit sämtlichen Nachkommen einen Erbvertrag schliesst, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden und allfällige Pflichtteilsverletzungen zu regeln. So ist im Einverständnis sämtlicher Nachkommen festzulegen, zu welchem Anrechnungswert die Liegenschaftsübertragung erfolgt. Von diesem werden unter anderem die Steuerfolgen abgeleitet. Des Weiteren können Bestimmungen über eine allfällige Ausgleichungspflicht gegenüber den übrigen Nachkommen/Erben getroffen werden. So ist auch zu regeln, wie Wertsteigerungen bzw. -minderungen oder auch Gewinnbeteiligungen zu behandeln sind. Weiter können auch Vorkaufs- bzw. Rückkaufsrechte eingeräumt werden. Das Verhältnis unter den Parteien kann im Einklang mit ihren individuellen Bedürfnissen gestaltet werden. Gerne zeigen wir Ihnen eine massgeschneiderte Lösung auf und nehmen für Sie die Erstellung und Beurkundung des Erbvertrages vor.
B. Grundbuchrechtliche Vorkehrungen
Wie jede Liegenschaftsübertagung ist auch diejenige an die Nachkommen im Grundbuch einzutragen. Nicht nur die Handänderung, sondern auch bspw. eine Nutzniessung, ein Wohnrecht oder ein Vorkaufs- bzw. Rückkaufsrecht, bedarf der grundbuchlichen Eintragung und öffentlichen Beurkundung.
Fazit
Leben Sie ganz nach dem Motto «Lieber mit der warmen als mit der kalten Hand schenken», so ist die Übertragung der Liegenschaft zu Lebzeiten an die Nachkommen ein geeignetes Instrument. Ob die Liegenschaft an einen Nachkommen durch Verkauf, Schenkung oder durch gemischte Schenkung übertragen wird und ob zusätzlich auch ein Nutzungsrecht eingeräumt werden soll, bedarf einer Abwägung der Vor- und Nachteile und ist stark von den vorhandenen finanziellen Mitteln und den persönlichen Präferenzen abhängig. Ist eine geeignete Übertragungsart gefunden, so ist die Übertragung in die passende rechtliche Form zu bringen. Gerade weil Liegenschaftsübertragungen zu Lebzeiten häufig ein komplexes Konstrukt darstellen, stehen wir Ihnen mit unserem breiten Erfahrungsschatz zur Seite und behalten dabei auch die Nebenschauplätze im Auge.